Mittwoch, 4. März 2015

Eine Sonate

Ich möchte euch mal wieder etwas von mir zeigen. Diesmal ist es kein Gedicht, sondern eine kurze Geschichte, von der ich glaube, dass sie den ein oder anderen zum Nachdenken bringen kann. Zumindest hoffe ich es. Sagt mir, was ihr davon haltet.
Achja, und wenn ihr mit dem Titel nichts anfangen könnt, hilft euch vielleicht diese Seite.


Zoe und Antonella

Ein junges Mädchen schlendert durch die Straßen Roms, in den Händen prall gefüllte Einkaufstüten von bekannten Modemarken.Sie ist groß und schlank, ihr langes Haar fällt ihr in blonden Wellen über die Schultern. Sie ist unterwegs in ein teures Kaffeehaus, wo schon ihr Vater auf sie wartet. Ihr Name ist Antonella Ohama.
Plötzlich rennt ein kleines, schon fast dürres Kind aus einer dunklen Seitenstraße auf sie zu. Bevor Antonella noch zur Seite hechten kann, liegt sie schon am Boden. Ihre Einkäufe sind über die Straße verteilt.
Schon wettert sie los: „Was fällt dir ein? Hast du denn keine Augen im Kopf?“ Was bildete sich dieses verlotterte, ungepflegte Gör überhaupt ein?
Zoe ist zu klein für ihr Alter, doch trotz ihrer ungekämmten braunen Zottelmähne fällt deutlich ihr fein geschnittenes Gesicht auf. Die Züge sind verhärtet von all dem Leid, das ihr bereits widerfahren ist. Ihre Eltern sind alkoholabhängig. Wenn Zoe abends nach Hause kommt, was selten geschieht, wird sie regelmäßig verprügelt, weshalb sie ein Leben auf der Straße vorzieht.
Dass sie jemanden umrennt, passiert ihr öfter. Gerade will sie in der Menge untertauchen, als diese superreiche Ziege nach ihrem Arm greift und sie festhält.
„Wirst du wohl hierbleiben? Eine Entschuldigung ist ja wohl das Mindeste! Sieh nur, alles ruiniert!“
Doch Zoe ist nicht auf den Mund gefallen: „Du hast doch etwas zum Anziehen, warum beschwerst du dich?“
„Also...“ 
Antonella verschlägt es die Sprache bei so viel Frechheit. Das Straßenmädchen nutzt die Gelegenheit, um nach einem paillettenbesetzten Oberteil zu greifen. Gerade schnell genug kann sich Antonella von ihrem Schreck erholen und Zoes Hand festhalten.
„Ein Dieb bist du also auch noch?“
Fast schadenfroh, da dieses Biest alle ihre Erwartungen erfüllt hat, blickt sie sie an - und lässt sie los. In den Augen dieses heruntergekommenen Mädchens steht die pure Angst. 
„Wirst du mich anzeigen?“, fragt sie mit dünner Stimme.
Da weiß Antonella erst, wie gut sie es hat.
„Nein.“ 
Zoe schickt sich an zu gehen, als sie sich noch einmal umdreht, Antonella tief in die Augen sieht und leise „Danke, Antonella“ sagt. Verblüfft guckt diese sie an.
„Woher kennst du meinen Namen?“
„Er steht auf der Kette um deinen Hals.“
Damit dreht Zoe sich um und verschwindet in der Menge. Fasziniert sieht Antonella Ohama ihr nach, dann packt sie die Sachen wieder in die Tüten und macht sich auf den Weg.

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